Halbmarathon im Rahmen des München-Marathon 2011
Schon im Januar hatte ich mich entschieden in München Marathon zu laufen. Es sollte der zweite Höhepunkt des Jahres werden. Naja das Jahr 2011 war, gelinde gesagt, durchwachsen. Von viel beruflichem Stress und Ärger abgesehen, hatte ich in der Vorbereitung zahlreiche gesundheitliche Probleme, die mich dann im September die Entscheidung treffen ließen, auf den Halbmarathon umzumelden. Es sollte ein versönliches Saisonende werden und ein Lauf der Spaß macht. Mein Mann Marc hatte sich den 10 km - Lauf vorgenommen. Naja und auch Murphy wollte wieder mit, hat aber letztlich keine große Rolle gespielt.
Am Samstag morgen, den 08. Oktober 2011 klingelte der Wecker um 4 Uhr morgens. Und das nachdem wir noch bis knapp 0 Uhr herumgekramt hatten weil wir wieder mal nicht fertig wurden. Der Flug mit den "Deutschen Flügeln" sollte um 8:20 Uhr in Dortmund starten. Die Fahrt zum Flughafen war o.k., aber natürlich sind die erschwinglichen Parkplätze ca. 3 km vom Flughafen entfernt. Es fährt zwar ein Pendelbus, aber der fuhr - danke Murphy - exakt 10 Sekunden nach unserer Ankunft am Parkplatz vorbei. Der nächste Bus kommt in 30 Minuten ... könnte knapp werden. Also joggen wir mit Sack und Pack los. Natürlich ist es so windig daß kein 3-Wetter-Taft meine Frisur hält. Schon nach 10 Minuten habe ich die Schnauze voll und der Plan von der Teilnahme am 4,5 km Trachtenlauf am Samstagmorgen in München löst sich soeben in Luft auf. Einzig auf ne Tracht Prügel für Murphy habe ich jetzt Lust. Komplett durchgeschwitzt bekommen wir aber den Flug problemlos. Allerdings sind wir fast die letzten. Macht nix - Marc hatte schon online eingecheckt.
In München angekommen regnet es erstmal und es sieht nicht nach Besserung aus. Dazu ein wirklich fieser Wind. Als erstes stehen wir jedoch wie immer vor jedem Plan und an jedem Automaten ein paar Minuten, auch wenn er noch so falsch ist. Marc und ich sind nämlich beide ganz große Talente in Orientierung ! Ihr könnt uns in fremder Umgebung immer daran erkennen, dass wir irritiert in der Gegend herumstehen; mit oder ohne Karte in der Hand. Man muß niemandem sagen, dass wir Touristen sind. Oder nein - es wirkt mehr so als wenn der Club der Orientierungslosen seine Jahrestagung in der jeweiligen Stadt macht. Wir haben eine ganz neue Strategie den richtigen Weg zu finden; wenn wir uns einig sind, dass eine von zwei Richtungen stimmt, dann nehmen wir die andere Möglichkeit. Das führt erfahrungsgemäß zu guten Ergebnissen.
Nachdem der Plan mit dem Trachtenlauf aufgegeben wurde, fahren wir erstmal zum Bahnhof, packen den Koffer in ein Schließfach (über die zahlreichen Probleme dabei möchte ich jetzt nicht eingehen) und gehen bei Karstadt frühstücken. Das kann ich übrigen sehr empfehlen. Wir machen das die kommenden Tage auch, da das Hotel 17 Euro pro Person fürs Frühstück nimmt; soviel kann ich gar nicht fressen.
Dann gehts auf zum Olympiagelände; meine Aufregung steigt. Die Straßenbahn-Haltestelle (hier Tram genannt) erreichen wir mit einem ganzen Trupp Holländer die aussteigen und in der Gegend herumstehen. Also klettern wir an ihnen vorbei und suchen uns einen eigenen Weg. Natürlich haben die Holländer den kürzeren gefunden. Egal ... da ist die "Event-Arena" mit der Marathonmesse. Wir holen unsere Startunterlagen ab und wir schlendern über die Messen. Kaufen kann man wieder nix - mir scheint es so zu sein, dass "Messepreise" immer extra hohe Preise sind. Vielleicht liegt es aber daran, dass ich Schuhe eh grundsätzlich im Internet kaufe, weil kaum ein Händler meine luxeriöse Größe vorrätig hat. Und da spart man ja in der Regel auch Geld. Die Leute auf der Messe sind aber sehr freundlich und mir fällt sofort die positive Stimmung der Läufer hier auf. Irgendwie ist die besser als sonst. Ich informiere mich noch über die neuen Brooks Pure - wenn die am Messestand den da gehabt hätten, hätte ich den sofort mitgenommen.
Wir haben die Nudelparty gebucht, aber irgendwie haben wir noch keinen Hunger. Also schlendern wir ein wenig übers Olympiagelände. Es ist schon überwältigend und die Stimmung 1972 muß hier - zumindest bis zu den tragischen Ereignissen im olympischen Dorf - grandios gewesen sein. In dieses tolle Stadion werden wir morgen einlaufen. Es kribbelt jetzt schon.
Zurück geht es zur Nudelparty und Marc fällt gerade auf, dass wir auch am nächsten Tag nach dem Lauf dort hingehen können. Also entscheiden wir uns dafür und fahren zum Hotel. Nach dem Einchecken ruhen wir uns erstmal aus, denn am Abend geht es zum Mini-Forentreff.
Ausgewählt habe ich das Restaurant Italy in Schwabing. Als wir reingehen steht dort eine Schlange von Leuten die auf einen Tisch warten. Das ist ja nicht das schlechteste Zeichen. Wir fragen nach dem Runnersworld-Tisch und der Kellner zeigt und einen Tisch an dem schon Frank (Moengel) sitzt der und erwartungsfroh entgegenschaut. Wir kennen ihn schon aus Wien, obwohl ich ihn nicht direkt wiedererkenne. Wir kommen ins quatschen und nach kurzer Zeit kommt Tobi dazu, der in München wohnt. Natürlich ist der ganz interessiert, ob die "böse Dani" real auch so böse ist. Ich muß ihn - glaube ich - enttäuschen. Frank erzählt, dass er quasi auf Ankommen laufen will, weil er erst eine Knieoperation hinter sich hat. Von daher sind vor verblüfft von diesem Mut. Tobi erzählt einiges über die Münchener, was recht desillusioniert klingt. Bei den anderen Gästen des Lokals kann ich jetzt schon ein klein wenig erkennen was er meint. Die Spießigkeit und Oberflächlichkeit steht schon Einigen hier ins Gesicht geschrieben. Der Hammer sind die italientischen Kellner. Etwas unfreundlicheres habe ich selten erlebt. Wir scheinen denen hier nicht rein zu passen. Als ich mich gerade echauffieren will, mahnt Toby mich; der Kellner ist unwichtig, es geht um uns und um unseren Urlaub und wir sollen es genießen - das ist wichtig. Recht hat er ! Mich ärgert nur dass Marc dem Vogel 2 Euro Trinkgeld gegeben hat. Von mir hätte der nix gekriegt. München ist halt eine große Stadt aber keine Metropole; nicht so weltoffen, nicht so multikulti wie Berlin; das wird uns schnell klar. Es geht um Äußerlichkeiten und ums Geld. Die Dekadenz der Münchner sollte uns in den kommenden Tagen auch nach dem Lauf noch öfter auffallen. Mir kommt der Text des Liedes "Schickeria" von der Spider Murphy Gang in den Sinn. GENAU SO ist es - das haben die gemeint ! Trotzdem war es ein schöner Abend mit dem Kennenlernen von Tobi und den guten Gesprächen mit Tobi und Frank. Das Forum hat sich wieder mal ausgezahlt. Wir trennen uns recht früh weil wir alle am Morgen ausgeruht sein wollen.
Mitten in der Nacht klingelt der Wecker - wir beginnen uns vorzubereiten; Müllsackanprobe und sonstige Spielereien. Ein Blick aus dem Hotelfenster zeigt: Tollstes Wetter; knackig kalt, kein Lüftchen und kein Regen. So kanns gehen. Wir schauen dabei noch den Beginn des Formel 1 Rennens - dem Vettel fehlt ein Punkt für die WM - das wird er ja wohl schaffen. Marc muß später los als ich, denn der Halbmarathon startet früher am anderen Ende der Stadt. Nämlich genau auf der Hälfte der Marathonstrecke um die gleiche Uhrzeit wie die Marathonies. Also habe ich 21 km Vorsprung; das ist fair. Das Frühstück besteht aus einem Kuchenteilchen das wir am Vortag besorgt haben und einem "leckeren" Frubiase-Drink, das grottige Zeug von der Sporthochschule. Das Teilchen bekomme ich wie immer kaum herunter; micht meine Uhrzeit.
Am Vortag habe ich mir eine Busverbindung rausgesucht; die U-Bahn ist 1,2 km entfernt. Als ich aus dem Hotel trete steht dort eine Gruppe Italiener, klein und laut. Die haben Beutel mit Startnummern für den Halbmarathon drauf. Da mache ich einen für mich erstaunlichen Fehler. Ich folge dem Herdentrieb und renne der Gruppe hinterher anstatt an der Bushaltestelle zu warten. Die latschen richtung U-Bahn-Station. Auf halber Strecke überholt uns der Bus - was bin ich für eine Idiotin ! Naja Zeit haben wir ja genug. An der U-Bahn angekommten geht es entpannt weiter; alles scheint zu klappen. Ist doch komisch. Ein Italiener fragt mich, ob ich Halbmarathon laufe. Nein, antworte ich, ich gehe zum Fallschirmspringen. Er schaut mich verstört an und schaut auf meinen Beutel. Erst nach einer ganzen Weile rallt er es und lacht. Nach dem Umsteigen ist die U-Bahn dann richtig voll. 5 Stationen und dann noch ca. 800 Meter gehen zum Start. Ein riesiger Tross bewegt sich von der U-Bahn-Station Richtung Start. Überall nur gute Laune - das ist schon auffällig - so habe ich das selten erlebt. Ich freue mich auch, denn das Wetter ist einfach großartig. Der Himmel will wohl zu bleiben und es sind ca. 8 Grad. Im Gegensatz zu gestern weht auch kein Lüftchen. Achso ich habe den MP3-Player dabei und höre während des Gehens Billy Idol und Queen. Das ist so Musik die mich pusht und mir gute Stimmung macht. Natürlich werde ich das Teil mit dem Kleiderbeutel abgeben, denn ich will die Atmosphäre genießen. Ich versteh sowieso nicht warum Leute sich das entgehen lassen und mit solchen Ohrstöpseln laufen. Am Start angekommen suche ich die Kleiderbeutel-Abgabe.
Das ist nun der einzige Kritikpunkt an der Organisation - das ist einfach nur grottig, was sich hier abspielt ! Ein Kolonne von LKWs ist aufgereiht und an jedem LKW steht eine riesige Traube Läufer deren Beutel von EINEM Helfer angenommen werden. Teilweise werfen die Leute ihre Säcke über die Leute hinweg in den LKW. Der Helfer ist sauer, weil er getroffen wurde und wirft einen Sack wieder raus, der dann auf der Straße platzt. Ich ziehe alles bis auf ein kurzes Radierer-Shirt und meine Radler aus (ist ja warm genug) und werfe mir meinen maßgeschneiderten Designer-Plastiksack über. Den Beutel verschließe ich angesichts des Vorgehens ganz sorgfältig und warte am LKW geduldig bis ich dran bin und der Ordner meinen Sack nach hinten wirft.
Das Rennen
Ich gehe zum Start und stelle mich genau hinter den Block für sub2 auf. Nachdem die Saison so blöd gelaufen ist möchte ich einfach locker laufen und Spaß haben. Nach dem Lichterlauf in Duisburg prognostizieren mir die Umrechnungsformeln was mit 2:08 h und ich will mal so 6er-Schnitt anlaufen. Erfahrungsgemäß stellen sich ja alle ein wenig zu weit vorne hin. Und richtig höre ich kurz hinter mir wie sich einige Läuferinnen unterhalten; sie wollen so 2:15 h laufen. Naja stehe ich ja richtig. Ich spitze die Ohren; eine sagt: "Dieses Mal nehme ich aber alle Verpflegungsstellen mit und esse auch in der zweiten Hälfte". Irritiert drehe ich mich um und schaue ob die wirklich eine Halbmarathon-Nummer hat oder sich verlaufen hat. Ich selbst habe keinerlei Gels, Butterbrote oder gar Einkaufstüten dabei und wenn ich mich gut fühle habe ich wieder vor ganz ohne Boxenstopp durchzulaufen. Das gibt die wenigsten Probleme mit Rhythmusstörungen, Behinderung der Atmung, Verschlucken usw. Bei mir bringt das Trinken eigentlich mehr Nachteile als es Vorteile bringt; zumindest wenn es kalt ist.
Heute morgen bin ich mit etwas Kopfschmerzen aufgewacht; von daher weiß ich nicht was geht. Warmlaufen hat ja bei dem Gedränge und Warten vor dem Start eh keinen Sinn. Ich genieße es inmitten der erwartungsfrohen Masse zu stehen und bin wieder froh "nur" den Halbmarathon zu laufen. Das schaff ich immer; die Distanz hab ich einfach im Griff. Es dauert nicht lange und der Startschuss fällt. Alle zählen runter und jubeln beim Schuss. Immer wieder löst dieser Moment eine Gänsehaut bei mir aus.
Zäh und langsam geht es los; niemand hat es eilig, denn schließlich gibt es eine Nettozeitmessung. Immer noch fällt diese Super-Stimmung unter den Läufern auf, die sich riesig freuen, dabei zu sein. Es dauert fast 5 Minuten bis ich an der Startlinien bin. Obwohl das Feld sehr dicht ist, kann ich links am Rand - ich laufe meistens da - ganz gut mein Tempo aufnehmen. Der Forerunner zeigt ein ganzes Stück unter 6er-Tempo an; das täuscht jedoch meistens weil er besonders auf Stadtkursen immer etwas zuwenig misst. Oft nehme ich mir vor, mir Mitläufer auszugucken die mein Tempo laufen und eine Weile dranzubleiben; meistens klappt das aber nicht. Auch bei diesem Lauf mache ich es wieder allein. Die ersten Kilometer sind recht langweilig; es geht durch Gewerbegebiete und nicht so dicht besiedelte Randbereiche Münchens. Dazu kommt mir die Strecke etwas wellig vor. Ich meckere mal scherzhaft gegenüber einem Mitläufer "Berlin ist aber flacher ... " Der sagt es wären ja nur knapp 30 Meter Höhenunterschied und die müßten wir doch fast schon haben. Ich spare mir die Luft ihm zu erklären, dass der Höhenunterschied ja nix aussagt, weil es ja innerhalb dieser Spanne recht munter rauf und runter gehen kann, so dass da doch ordentlich zu kletternde Meter zusammenkommen. Insgesamt ist die Strecke jetzt aber nicht schwer und ich freue mich, dass ich mich noch recht locker fühle. Problemlos kann ich etwas anziehen, wenn das Tempo mal über 6 Minuten auf den Kilometer sackt. Bei km 5 bin ich dann in 30:15 Minuten. Passt !
Die Ersten steuern den Verpflegungsstand an. Ich achte darauf in der Mitte zu laufen und auf keine Becher zu treten. Es mögen jetzt so 10 Grad sein; den Müllsack hatte ich kurz vor der Startlinie nach links an den Rand abgeworfen. Auf dem Streckenplan hatte ich gesehen, dass die Strecke so ab der Hälfte attraktiver wird und des da durch die Altstadt geht. Mit einer Läuferin die vorbeikommt quatsche ich kurz und erzähle ihr das; ebenso dass die Strecke auf der zweiten Hälfte auch tendenziell mehr bergab geht. Sie freut sich darauf. Es sind auch kaum Leute an der Strecke, aber die Stimmung unter den Läufen ist immer noch unbeschreiblich. Auch das ist anders als in Berlin, denn da ist jeder mehr für sich und die Stimmung die einen antreibt, kommt von den Zuschauern, also von außen. Das hier empfinde ich aber auch als sehr schön; ich kann nicht sagen was besser ist. Bei km 8 treffe ich den Läufer wieder, bei dem ich mich Anfangs über das Streckenprofil beschwert habe. Ich schaue auf die Uhr und bin immer noch knapp über 6er-Tempo. Der Mitläufer sagt "zu langsam". Da es gerade leicht bergab geht denke ich - o.k. - und gebe etwas Gas. Der Läufer fällt ab und ich fühle mich immer noch super. So komme ich in 59:30 Minuten bei km 10 an. Es gibt wieder einen Verpflegungsstand; diesmal ist alles voll zwischen den rechts und links aufgebauten Tischen. Daher laufe ich rechts über den Bürgersteig hinter dem Verpflegungsstand vorbei. Ich denke gerade man müßte eine andere Lösung finden wie im Boxenstopp bei der Formel 1; da wird auch der Verkehr nicht behindert, durch die die gerade tanken wollen. Und immerhin bin ich ja vergleichbar schnell .... ähm ... ja im übertragenen Sinne natürlich - radiergummischnell halt.
Wir laufen am Deutschen Museum vorbei ... dort werden wir morgen hingehen ... und kurz darauf fängt die Altstadt an. Dort steht auch ein Sprecher der die Läufer anfeuert. Zweimal kommen wir an dem Punkt vorbei. Jetzt fängt es richtig an Spaß zu machen. Immer noch bin ich locker und kann das etwas höhere Tempo halten. Hin und wieder merke ich etwas ie Oberschenkel und versuche mich dann zu entspannen. Die Italiener aus der U-Bahn sind plötzlich da; jedenfalls Einige von ihnen. Man hört sie von weitem, denn sie sind lauf. Sie schreien herum und feuern Mitläufer an. Auf dem Rücken steht ja auch mein Name so ruft einer "Daniela bene" .... ja hab ich, antworte ich, lange sogar. Ich weiß nicht ob er das Wortspiel überhaupt realisiert. Aber auch in der Altstadt gibt es nicht viele Zuschauer - es ist auch heute mehr Läuferwetter und kein Zuschauerwetter. Bei ca. km 13 kommen uns die 10 km-Läufer entgegen. Die sind hier kurz vor km 4. Ich halte gespannnt Ausschau ... und tatsächlich ich sehe meinen Marc ! Ich rufe - so wie es noch geht - und ..... er hört mich nicht. Er läuft wie im Tunnel. Schade, aber geht mir oft ja auch nicht anders. Bei km 15 bin ich über eine Minute unter dem 6er-Schnitt. Das läuft ja großartig denke ich ... vielleicht geht das sogar unter 2:05 h ! Meine Gesprächspartnerin von der ersten Hälfte ist wieder da; sie fragt "und jetzt geht es nur noch bergab ?" - "Auf jeden Fall " antworte ich. Sie verabschiedet sich wieder nach vorne.
Wir kommen nach viel Geschlängel in der langweiligen Uni-Gegend wieder kurz durch die Altstadt und auch hier feuert uns ein Sprecher an. Das war die Stelle an der mir Marc eben entgegen kam. Bei mir wird es jetzt etwas schwerer. Der Halbmarathon beginnt. Dann km 16 - ein Schock. Laut Forerunner war der Kilometer knapp über 6 und nach dem Schild deutlich über 7 Minuten ! Da kann doch was nicht stimmen. Hinterhier wird es im Forum wilde Spekulationen geben woran das liegt. Denn auch andere Läufer haben das gemerkt. Piepte mein Gerät bisher immer so ca. 150 Meter vor dem offiziellen km-Schild, ist je jetzt ein halber Kilometer.
Die Beine werden jetzt langsam richtig schwer und ich fange an defensiv zu rechnen ..... "was kann habe ich sicher als Endzeit wenn ich nur noch 7er-Tempo schaffe. Ich weiß; solche Gedanken pushen nicht gerade, aber ich kann sie auch schlecht vermeiden. Durch den langen km 16 bin ich jetzt wieder ein Stück über 6er-Tempo und ich habe das Gefühl jetzt auch langsamer zu sein, denn der Forerunner zeigt immer Zeiten zwischen 6:00 und 6:05 min/km an und er zeigt ja bekanntlich das Tempo immer etwas zu schnell an. Aber egal - ich tausche mich kurz mit Mitläufern über "es ist nicht mehr weit" aus - denen geht es ja nicht anders als mir und freue mich auf den Olympiapark und das Stadion. Der letzte Verpflegungsstand ca. 3 km vor dem Ziel wird auch von mir ignoriert. Trinken kann ich auch im Stadion denke ich - außerdem habe ich immer noch keinen Durst. Nur jetzt nicht den Rhythmus stören ....
Die Beine sind ganz schön müde und das Keuchen wird auch stärker. Ich klinge auf den letzten Metern gewöhnlich nach Lungenklinik anstatt nach Langstreckenläuferin. Aber meine Stimmung ist immer noch super - ebenso die meiner Mitläufer. Es wird gekeucht und gescherzt. Langsam geht es auf das Olympiagelände zu. Und dann steigt es endlich majestätisch vor mir auf: Das Olympiastadion. Es ist gewaltig groß und wirkt jetzt noch gigantischer. Jetzt möchte ich auch langsam reinlaufen aber nein es geht erst noch einmal ganz herum auf die andere Seite. Ich nähere mich wieder einam Anfeuerungs-Sprecher der vor dem Stadion steht. "Noch 1.200 Meter ab hier - Ihr habt 20 km in den Beinen; das muß jetzt wehtun; das habt Ihr mitbezahlt" .... na der hat Humor. Dann noch "Die 1.200 Meter gehen nur noch bergab". Ich bin jetzt schon gespannt wie die das auf der Stadionrunde machen. Nach endlosen Metern mit relativ wenigen Zuschauern sehe ich dann einen dunklen schwarzen Durchgang mit der Aufschrift "großes Marathontor". HURRA .... wieder krieg ich ne Gänsehaut. Es geht bergab durch den Tunnel; da ist laute Musik und Strobolicht drin ... es ist grandios. Die erste Fotografen; ich reisse die Arme hoch. Und dann kommt der Moment auf den ich seit 2 Stunden warte - ich laufe in den Bereich ein, den die Touristen auch für 2 Euro Eintritt nicht betreten dürfen. Das Münchner Olympastation ! Sogar auf den Rängen stehen einige Leute und die Bahn ist immer noch voll mit Läufern. Eine dreiviertel Runde ist hier zu laufen; der Stadionsprecher peitscht die Läufer ein. Ich kriege schon lange das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht und verweigere den Endspurt. Ich bin ja nicht blöd - die Zeit ist scheissegal und ich will jede Sekunde auskosten. Allein dafür lohnt es sich ! Viel zu früh überlaufe ich die Zielmatte und reisse die Arme wieder hoch.
Geschafft ! Das war ein Saisonabschluss vom Feinsten. Die Uhr zeigt was mit 2:11 h an - netto und offiziell werden es 2:07:36 h .... km 16 geht mir durch den Kopf .... zu lang ? ... der Forerunner zeigt 21,8 km .... achwas egal, das Erlebnis zählt. Ich freue mich und suche als leidgeprüfte schnell Erkältete sofort die Plastikplanen-Ausgabe. Im Zielbereich auf dem Rasen ist ne Riesenstimmung. Ich bekomme meine Medaille - leider nicht umgehängt. Und da läuft mir meine Gesprächspartnerin von unterwegs über den Weg. Sie fällt mir in die Arme "Daniela, danke ! Wegen Dir bin ich Bestzeit gelaufen, weil Du gesagt hast es geht bergab." Die war überglücklich; was sowas ausmacht ... irre. Ich bin mir sicher meine Zeit wird auch wieder kommen und immerhin war es heute Saisonbestleistung.
Die Zielverpflegung ist klasse; es gibt Erdinger alkoholfrei und Brezeln. Ich bin jetzt nicht die Biertrinkerin, aber unter diesen Bedingungen habe ich glatt das Wasser verschmäht. Und die Elektrolyte erst recht .... wenn ich Pech habe haben die hier das Brechmittel Frubiase. Ich hab es bei km 11 noch kurz gemerkt von heute morgen. Aber das Erdinger war jetzt super.
Nun heisst es anstehen und im Watschelgang zur Brücke auf die Tribüne und dann - ein Horror für die Marathonies - bis ganz nach oben. Es mögen jetzt so knappe 10 Minuten vergangen sein und jetzt wird der erste Marathoni angekündigt. Er läuft unter mir durch und kommt mit knapp unter 2:20 h ins Ziel. Ich orientiere mich und muß jetzt ganz ums Stadion herum. Mit Marc habe ich mich an der Kleiderbeutel-Ausgabe verabredet. Der Weg scheint endlos lang zu sein. Da endlich ist mein Nummernbereich - ich finde meinen Beutel. Erstaunlich nach dem Chaos bei der Abgabe. Marc steht auch da und erleichtert fallen wir uns in die Arme. Er hatte auch einen guten Lauf und kam beim 10er mit einer 1:03 h Stunden ins Ziel. Sub60 waren noch nicht drin ... einfach zuwenig trainiert. Aber trotzdem ist auch er rundum zufrieden.
Wir packen unsere Sachen und gehen zur Nudelparty und anschließend kurz ins Olympia-Schwimmbad; aber nur um uns kurz aufzuwärmen. Die machen da drin ja Sport wie wir entsetzt feststellen und mit Wellness ist da nix. NO SPORTS ist heute unser Motto und wir machen uns auf ins Hotel wo die heisse Wanne wartet.
Ein wunderbarer Tag geht zu Ende .... die Münchner mögen dekadent sein , aber unter Läufern ists immer anders.