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Warum denn wieder Holland ? - Von der Blase über den Füßen .....

Hallo - hier ein Bericht von unserem Amsterdam-Ausflug 2010 .... leider mal wieder sehr lang geschwafelt.

Am vergangenen Samstag ging es dann also für Marc und mich auf nach Amsterdam. Mitten aus dem Umzugs-Chaos des halb renovierten neuen alten Hauses - suchten wir uns unsere Trainingssachen aus Kartons zusammen; schon abenteuerlich wo man so seine Schuhe ausgräbt.

Aber es hat geklappt und so gegen 15 Uhr fuhren wir gen Holland. Die Fahrt lief mit knapp 3 Stunden reibungslos. Es war recht kalt und leider ziemlich windig. Schlecht für meine Frisur auf dem Weg zur Marathonmesse. Diese fanden wir aber schnell. Ruckzuck hatten Marc und ich unsere Startunterlagen. Marc kaufte sich noch eine lange Tights. Schließlich kommt der Winter und als echter Läufer muß er nun auch in Leggins laufen .... Läufer sind alle metrosexuell ....  hähähä ....  Dann suchten wir die Nudelparty die wir beide gebucht hatten. In Holland ist nämlich immer "Kitchen closed" wenn wir etwas essen wollen .... wir sind gebrannte Kinder in der Hinsicht. Wir umkreisten orientierungslos die "Sportshallen Zuid" und das Olympiastadion in dem morgen der Zieleinlauf sein sollte mehrmals. Aber keine Nudelparty in Sicht.  Im Ausschildern sind die Hollis auch nicht gut. Erst nach Durchfragen bei den Helfern fanden wir es dann in einem ganz anderen Gebäude. Dort war es jedoch super organisiert und ein tolles Nudelessen mit Salat, Brot und Kräuterbutter in fast edlem Ambiente (und endlich mal nicht so grottig laut wie in Frankfurt) erwartete uns. Gern nahmen wir mehrfach Nachschlag.

Von dort ging es ab zum Hotel. Aber das ist gar nicht so einfach. In der stark befahrenen Straße des Hotels war die Hölle los. Ein 24-Stunden-Shop im Erdgeschoß und keine Parkplätze - man mußte ein Parkticket in der Nebenstraße für 12 Euro kaufen. Das Hotel selbst sah von außen wie eine Absteige aus. Ein Penner hielt vor der Tür Wache ..... boah was für eine Hütte ! Über ca. 120 Jahre alte Stiegen ging es vier Stockwerke steil bergauf bis wir unser kleines Kämmerlein erreichten. Ein Mini-Fernseher mit nur ZDF als einzigem deutschen Programm. Ein Blick in die Klo/Bad-Kombination (der Duschvorhang lag auf dem Boden) überzeugte mich augenblicklich NICHT wie geplant hier die Haare zu waschen. Insgesamt ein Kämmerlein wie in London; nur nicht so dreckig. Die Hotelpreise sind dafür ähnlich. Das Abendprogramm gestaltete sich in 2 bescheuerten Krimis auf ZDF (wer schaut sich sowas an ?) und das "aktuelle Fußballstudio" zwang uns dann die Kiste auszuschalten.

Als ich nach Amsterdam fuhr hatte ich schon 2 Tage vorher eine leichte Blasenentzündung und zu allem Überfluß gleichzeitig Verstopfung  !!!! Eine großartige Kombination. Man bewegt sich am besten auf einem rollenden Toilettenstuhl vorwärts - jedenfalls glaubt man das zu müssen. Die Nacht war dann die erste die ich mal nicht raus mußte.
Das gab Hoffnung ....  bis auf die Straßenbahn die höllisch laut war. Marc meinte aber da rennt einer mit einer Mülltonne ständig ums Haus. Das Geräusch war ähnlich .....

Das Frühstück war dagegen in dem Hotel recht ordentlich bzw. normal. Ich esse ja eh nicht viel mitten in der Nacht. Ein chinesischer Marathonläufer war schon ganz aufgeregt und erzählte unseren Tischnachbarn er würde jetzt zum Start laufen. Wir hatten noch etwas Zeit.

Das Anfahren und vor allem Parken war gar nicht so einfach. Naja bei allein 12.000 Halbmarathon-Startern kein Wunder. Wir fanden dann doch einen halblegalen Parkplatz ca. 1.500 Meter entfernt vom Start. Als wir ankamen strömten gerade die Marathonis aus dem Stadion. Es war ein faszinierendes Bild. Es dauerte fast eine halbe Stunde bis alle Läufer das Stadion verlassen hatten. Die anderen Starts finden vor dem Stadion statt - nur der Zieleinlauf ist für alle in diesem wunderschönen alten Olympiastadion. Eindeutig DAS Highlight dieser Veranstaltung.

Ich friere und spüre vorne und hinten Druck. Nicht weil ich schon im Feld stünde ... nein mehr von innen. Ich habe noch drei Stunden bis zum Start; Marc noch 30 Minuten .... Ich will meinen Schatz begleiten wenn er durch das Vorstart-Gitter geht bis zur Startlinie. Er im Startblock und ich außen auf dem Bürgersteig. Damit ich sehe wie er losläuft. Das klappt auch und ich stehe ganz vorne ca. 10 Meter vor dem Start als er über die roten Startmatten läuft. Ich klatsche ihn nochmal ab. Eine tolle Stimmung und 8 km liegen vor ihm. Er sieht gut aus und motiviert. Dabei hatte er gestern gar keine Lust nach diesem Renovierungsstress "Warum wieder Scheiss-Holland" hatte er noch gefragt. Nun waren die Dixies frei und ich machte mal wieder einen Versuch. Naja es brannte noch und mein Darm wollte immer noch nicht. Das kann ja was werden. Ich traute mich nicht ein paar Schritte zu traben, weil ich Angst hatte es könnte wehtun. Langsam ging ich zum Stadion auf die Zuschauertribüne. Marcs Zeit lief mit. Naja rechnete ich; wenn er gut drauf ist rennt er 6:30er-Tempo - sind ja fast 10 km. Auf einer Leinwand wurde die Marathon-Spitze gezeigt. Es war recht kurzweilig. Sie waren sauschnell unterwegs und bei HM in 1:02:24 durch. Alles "Schwatte" natürlich .... Dann sah ich daß man gegenüber über eine fahrbare Metalltreppe von der Tribüne auf den Platz konnte. Einige Zuschauer standen schon unten und warteten an der Bande auf Ihre Läufer. Da mußte ich auch hin und ein gutes Bild von Marc machen. Gesagt getan. Direkt gegenüber eine Trommlergruppe, wartete ich gespannt wann mein Schatz erschien. Die ersten waren schon da und langsam wurde es immer voller auf der Bahn. Ich machte die Kamera klar. Und dann kam er schneller als erwartet (wie halt immer ...  hihi ) Im letzten Moment sah ich ihn um die Ecke ins Stadion einlaufen und ich machte auf gut Glück schnell ein Foto. Leider sah er mich nicht. Auf den 300 Meter Tartan bis zum Ziel zog er sogar nochmal richtig an und überholte mindestens 30 Leute. Stark ! Und die Zeit - hab ich was mit 50 gesehen ? Kann doch nicht sein ! Am Montag hat er im Training noch genau eine Stunde für die 8 km gebraucht und war ziemlich ausgelastet.

Ich wollte schnell zu ihm zum Treffpunkt und den gleichen Weg zurück nehmen. Aber was ist das ? Die bekloppten Holländer haben die Treppe von der Tribüne weggerollt. Auch andere Zuschauer sind irritiert. Und wie kommt man jetzt vom Platz ? Man was sind die bescheuert .... Endlich sehe ich eine Tür die unten aus dem Stadion führt. Aber nun komme ich nicht über die Strecke ! Zum Treffpunkt muß ich einmal ganz ums Stadion rumlaufen. Natürlich ist er längst durch und am Treffpunkt. Nach endlosen Minuten sehe ich ihn und wir fallen uns in die Arme. Er hat wieder ne tolle Leistung gebracht und ist so glücklich. Schön daß wir jetzt immer zu zweit so tolle Sachen erleben können.

Wir gehen wieder ins Stadion - ist ja noch Zeit - und schauen bis der Sieger des Marathons kommt. Oh ja ein Kenianer hat sich gelöst und läuft ca. 300 Meter vor dem zweiten. Man sieht schon auf der Leinwand wie er auf das Stadion zuläuft. Dann ist er davor und eine prickelnde Stimmung überkommt einen. Alle stehen auf und schon kommt der Motoradfahrer ins Stadion. Kurz dahinter der Sieger. In der letzten Runde läßt er es nochmal fliegen. Er will den Streckenrekord, der bei 2:06:10 stand. Er hat eine Bestzeit von 2:08 und läuft hier heute in Amsterdam in 2:05:20 in Ziel. Stark ! Die erste Frau (auch aus Afrika) kommt in 2:25 h rein.

Nun werde ich langsam heiss. Ich wechsle das Trikot. Es sind ca. 10 Grad und sonnig. Vielleicht einen Tick zu warm  ...hihi .... aber eigentlich optimal. Ich entscheide mich für das Singlet was sich später als richtig erweisen sollte. Trainingsanzug wieder drüber und schon geht es an eine kleine Warmlauf-Runde. Dabei überfährt mich fast ein Bus. In Holland bekommen ja alle ein gelbes Nummernschild, die dreimal durch die Führerscheinprüfung gefallen sind. Als F1-Fan weiß ich ja schließlich auch, daß die alle nicht autofahren können. Beim Warmlaufen das Fatale ... vorne und hinten wieder unangenehmer Druck. So ein Mist ! Ob ich doch noch mal auf ein Dixie .... Marc meint es wäre noch genug Zeit. Also gehe ich nochmal drücken und dann .... komisch es war Ruhe da unten und das blieb es auch bis nach dem Lauf. Die Murphy-Blase hat die weiße Fahne geschwenkt. Dani läßt sich halt durch nix vom Laufen abhalten und das sollte auch der Körper endlich mal merken.

Ich bin aufgeregt und zwänge mich ins Absperrgitter. Mein Schatz will auch nebenhergehen. Es dauert endlos und gibt mindestens 15 Minuten Startverzögerung. Dann scheint es endlich loszugehen; mein Schatz bleibt stehen und winkt ein letztes Mal. Aber es geht längst nicht los, denn es ist ein Blockstart und ich bin erst im zweiten Block dran. Dann bin ich unterwegs im sehr dichten Feld das bis zum Ende dicht bleiben sollte. Was für super Temperaturen ! Mein Forerunner zeigt auf dem ersten km 5:20er-Tempo und es fühlt sich total locker an. Das gibt es ja nicht. Ich bekomme Angst und bremse. Immer wieder muß ich das bewußt tun und liege immer noch auf 5:40er. Was ist los ? Die erste Streckenhälfte ist etwas leichter. Ich rechne. Es reicht immer noch für sub 2 aber das ist doch Wahnsinn. Nein ich sollte das nicht versuchen ... bei km 5 bin ich ungefähr in 28:15 und ich keuche noch gar nicht. Gibt es doch gar nicht. Das Tempo liegt jetzt zwischen 5:40er und 5:45 aber nicht weil ich nicht schneller könnte, sondern weil ich vorsichtig bin. Die erste Verpflegung - überall stehen Leute im Weg. Ich laufe natürlich ohne durch - ich könnte mich verschlucken und es ist kalt genug.

Bei km 10 bin ich immer noch mit ca. 57 Minuten gut auf Kurs. Mensch wenn das so weiter rollt, dann gibt das Bestzeit. Wenn ..... ich merke jetzt daß es die Beine schwerer haben das Tempo zu halten. Man spürt jetzt auch die leichteren Anstiege. Bei jeder kleinen Brücke sackt das Tempo sofort auf 6er ab. Jetzt nur durchhalten. Meine Ferse die mich seit über einem Jahr plagt, hat sich noch gar nicht gemeldet; sie zwickt später noch etwas, aber erstaunlicherweise legt sich das wieder. Schon lange bin ich nicht mehr so einen langen WK mit so wenig Beschwerden gelaufen. Bis 15 schaffe ich es noch unter 6er-Tempo. Mit knapp unter 1:27 gehe ich dort durch. Ab 16 beschließe ich rückwärts zu rechnen - noch soundsoviel km .....das hilft mir immer weil ich dann weiß, daß ich das auf jeden Fall schaffe. Aber bei 16 kommt der einzige starke Brücken-Anstieg. Der erste km über 6 ! Es sollten nun nur noch km knapp über 6 folgen. Es geht endlos lang durch einen Park. Marathon-Veranstalter lieben Parks. Es wird zäher und zäher. Ich bin groggy und rechne schon defensiv welche Endzeit rauskommt wenn ich nur noch 7er-Tempo laufen kann. Aber ich schaffe immer noch so um 6:10. Die Saisonbestzeit aus Duisburg schaffe ich auch nicht mehr. Mir fehlt die Substanz. Vielleicht war der Anfang doch zu schnell. Ist immer schwer zu kalkulieren. Und mir fehlt Halloween, der mich auf den letzten km zum 6er-Tempo treibt wie in Duisburg ... Aber es kann noch was Gutes werden. Das nächste Ziel das noch erreichbar ist: Mein persönlicher Streckenrekord - 2007 bin ich hier 2:05:10 gelaufen. Das war lange meine Bestzeit. Ich sehe das Stadion und dann bekomme ich wieder eine Gänsehaut. Mann - ist das toll. "Citius, altius, fortius" (Schneller, höher, stärker) steht über dem Tor. Dann auf die Bahn und auf die letzte Runde. Ich schaue auf die Tribüne aber sehe meinen Schatz nicht. Ich bin fix und alle aber dennoch gehen die letzten 200 Meter noch in 5er-Tempo. Mit 2:04:32 rette ich mich ins Ziel. Was kann Halbmarathon hart sein! Aber ich bin glücklich, denn ich denke für all die Schwierigkeiten im Vorfeld und mitten in unserem Hauskauf-Projekt habe ich doch das Beste daraus gemacht. Der nächste Höhepunkt wird wieder ein Marathon in meinem geliebten Paris. Diesmal ganz bestimmt unter 4:30 h und ohne so harte 10 Schlußkilometer wie bisher. Das nehme ich mir vor. Glücklich falle ich dann Marc in die Arme und wir fahren zufrieden nach Hause von unserem kleinen Lauf-Abenteuer. Das einzige was gefehlt hat, waren die anderen Radiergummis .....

Danke daß ich das immer wieder erleben darf - und vor allem so einen tollen Partner gefunden habe.